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Computerspiele haben sich in den letzten Jahren zu einer der beliebtesten Freizeitaktivitäten entwickelt. Ob als Einzelspieler-Erfahrung oder als soziale Interaktion mit mehreren Spielern, sie bieten Unterhaltung, Abenteuerlust und ein Gefühl von unglaublichen Möglichkeiten. Aber ab wann wird es zu viel? Wann kann eine Lust am Spielen in eine Sucht umschlagen?

Computerspielsucht wird definiert als ein unkontrollierbares Verlangen, Zeit mit Computerspielen zu verbringen, das negative Auswirkungen auf das tägliche Leben hat. Die betroffene Person kann ihr Verlangen nach Spielen kaum kontrollieren und verbringt oft Stunden vor Konsole, Tablet & Co., oft auf Kosten sozialer Interaktionen, Arbeit, Schule und anderen Aktivitäten. Bis vor kurzem war die Computerspielsucht in der Definition der psychischen Erkrankungen nur als Randnotiz zu finden. Heute, also seit 2022, wird die Computerspielsucht auch in der Definition ICD 11 (=das Manual zur Definition und Diagnose psychischer Erkrankungen) als Krankheit anerkannt. Drei Kriterien müssen laut ICD 11 vorliegen, um von einer Spielstörung sprechen zu können: Entgleitende Kontrolle etwa bei Häufigkeit und Dauer des Spielens, wachsende Priorität des Spielens vor anderen Aktivitäten und Weitermachen auch bei negativen Konsequenzen. 

Die Ursachen für Computerspielsucht können vielfältig sein. Manche Menschen spielen, um Stress abzubauen, andere, um ihre sozialen Bedürfnisse zu befriedigen. In manchen Fällen kann es auch eine Flucht vor Problemen sein. Durch den Einsatz von Belohnungssystemen und den Fokus auf Fortschritt im Spiel, kann das Spielen zu einer Sucht werden, bei der die betroffene Person dies oftmals gar nicht bemerkt und nicht mehr in der Lage ist, aufzuhören.

Einige der häufigsten Symptome der Computerspielsucht bei Jugendlichen sind:

  • Verringerte Aufmerksamkeit und Leistung in der Schule
  • Vernachlässigung sozialer Aktivitäten und Freundschaften
  • Schlafstörungen
  • Stimmungsschwankungen
  • Probleme mit der Selbstkontrolle

Während es schwierig ist, die genauen Ursachen für Computerspielsucht zu bestimmen, gibt es einige Faktoren, die das Risiko erhöhen können,

Die häufigsten Ursachen für Computerspielsucht sind:

  • Stressabbau: Spielen kann eine Möglichkeit sein, Stress abzubauen und sich zu entspannen. Gleichzeitig kann dies eine wachsende Zunahme der Spielzeit und des Gewöhnungsverhaltens bedeuten. Spielen wird nicht mehr nur als Form des Stressabbaus gesehen, sondern als nötige Konsequenz zum Alltag.
  • Soziale Isolation: Menschen, die sich sozial isoliert fühlen, können durch die virtuelle Interaktion mit anderen Spielern ihrer Einsamkeit entgegenwirken und ihre Stimmung verbessern. Zwanglos und per Zufall schnell mit anderen in Kontakt geraten, ohne dafür das Haus zu verlassen – klingt doch nach einem guten Plan. Leider mit bitterem Beigeschmack, denn durch die unzähligen Stunden vor dem Computer oder der Playstation werden soziale Interaktionen im realen Leben deutlich weniger.
  • Belohnungssystem im Gehirn: Computerspiele können das Belohnungssystem im Gehirn aktivieren und zu einer Abhängigkeit führen. Spielemacher verwenden dazu bereits Algorithmen aus dem Glücksspielbereich, um gezielt diese Areale in unserem Gehirn anzusteuern.
  • Familie und Umweltfaktoren: Geringe Teilhabe am Familienleben oder mangelnde Unterstützung können ebenfalls zu einer Computerspielsucht beitragen.

 

Wieso sind Computerspiele so erfolgreich und was macht sie so attraktiv?

Jugendliche nutzen Computerspiele nicht rein mit dem Gedanken des bloßen Spielens. Nein, heutzutage ist in diesen digitalen Welten fast alles möglich. Neben Abenteuern in fernen Welten, spannenden Geschichten und aufregenden Schlachten ist die Möglichkeit, diese Geschichten gemeinsam mit anderen Spielern zu durchschreiten, besonders attraktiv. Kommunikation und Interaktion ist bei Computerspielen meist der Schlüssel zum Erfolg. Junge Menschen, vor allem männliche Jugendliche nutzen Computerspiele daher, um in gegenseitigem Austausch zu bleiben. Am Abend zu spielen ist daher gleichzeitig eine Verabredung mit Freunden, nur eben digital. Eine Verabredung zwar nicht mehr in „Persona“ sondern ganz einfach von zu Hause aus am Sofa, ist im Grunde ja nichts schlechtes. Der Haken daran ist, dass Spieleproduzenten natürlich möchten, dass sie ihre „Kundschaft“ möglichst lange im Spiel halten. Dazu werden Mechanismen eingebaut, die den Anreiz erhöhen sollen, vor dem Computer sitzen zu bleiben. Das kann einerseits ein Event am Wochenende sein, in dem der zu spielende Charakter doppelt so schnell „Erfahrung“ sammelt oder besondere Fähigkeiten hat. Die bereits erwähnten Algorithmen aus dem Glücksspielbereich, ermöglichen bestimmte Belohnungen, können so aber auch das Suchtpotenzial steigern.

Computerspiele in einem gewissen Ausmaß zu spielen ist also per se nichts negatives. Dennoch sollte drauf geachtet werden einen gesunden Ausgleich auch fern der Konsole oder des PC´s zu schaffen. Falls Sie bei sich oder jemand anderem mögliche Anzeichen erkennen, ist es wichtig diese auch anzusprechen. Hier liegt meistens die große Thematik, weswegen sich Menschen an mich wenden. Es ist nicht leicht, jemanden auf ein Thema anzusprechen, welches vielleicht gerade einen essenziellen Teil in dessen Leben ausmacht. Folgendes sollte daher im Gespräch beachtet werden:

  • Fremd- und Selbsteinschätzung sind oftmals sehr unterschiedlich. Wo der oder die Eine ein Problem sieht, ist es für das Gegenüber manchmal gar nicht so schlimm. Achten Sie daher darauf, von Ihren eigenen Gefühlen und Empfindungen in Bezug auf die Thematik zu sprechen und versuchen Sie Zuschreibungen zu vermeiden. Ein positives Beispiel könnte daher auch so beginnen:

„Mir ist aufgefallen, dass in der letzten Zeit das Thema „…“ in unserem Leben immer größer geworden ist. Ich fühle mich damit nicht gut und würde gerne darüber sprechen…“

  • Grenzen sind im gemeinsamen Zusammenleben wichtig. Beachten Sie daher Ihre eigenen, aber auch die Ihres Gegenübers. Forderungen können daher entweder einseitig formuliert, oder auch als ein Kompromiss verstanden werden. Die Formulierung von Wünschen und eine Diskussion auf Augenhöhe sind daher für ein Miteinander unabdingbar.
  • Respektieren und interessieren Sie sich auch für Ihr Gegenüber. Computerspiele können lustig sein und Spaß machen, ganz klar. Und ja, das dürfen Sie auch! Erlauben Sie sich interessiert an dieser magischen Welt zu sein. Fragen Sie ihr Gegenüber einmal, was in dem Spiel passiert und warum man hierfür gerne den ganzen Tag nutzt. Ein gemeinsamer Dialog ist oftmals leichter, wenn man sich verstanden fühlt. Gesehen und verstanden werden ist dafür ein wichtiger Schritt.

Computerspiele und deren Gefahren

Während die Computerspiele noch vor 10 und 20 Jahren lange ohne weiteres gespielt werden konnten, steigen Anbieter nun auf den Trend der „In-Game“ Käufe auf. Soll heißen, dass im Spiel oftmals eine eigene Plattform existiert, in der neue Vorteile, Erweiterungen oder sonstiges gekauft werden können. Das passiert meist in Phasen, wodurch nach mehreren Wochen oder Monaten ein neuer Anreiz geschaffen wird, im Spiel etwas einzukaufen. Das ist eine deutliche Gefahr. Die Ausgaben für Spiele steigen so oft unüberschaubar an und der/die KonsumentIn wird fast gezwungen einen Kauf zu tätigen, um weiterzuspielen. Über 40% der Jugendlichen Männer geben bereits Geld für In-Game Käufe aus.

Eine Befragung der DAK-Gesundheit und dem Deutschen Zentrum für Suchtfragen hat ergeben, dass ca. 30% der Befragten Computerspiele gespielt haben, um nicht an unangenehme Dinge denken zu müssen. Computerspiele sind hier weniger ein Problemlöser, sondern vielmehr ein Problemverdränger.

Computerspiele und deren Vorteile

Ganz richtig gehört, Vorteile! Es gibt bereits eine Vielzahl an Studien, die zeigen, dass Computerspiele nicht die verteufelten Übel sind, sowie sie noch vor 10 Jahren in den Medien dargestellt wurden. Damals wurden Computerspiele noch mit gesteigerter Aggressionsthematik, niedrigerer Aufmerksamkeitsspanne und selbst Amokläufen in Verbindung gebracht. Und auch wenn an diesen Themen etwas Wahres dran sein mag, so sind sie dennoch bei weitem nicht die Übel wie damals dargestellt. Wie schon Paracelsus sagte, die Dosis macht das Gift.

In einem bestimmten Ausmaß können Computerspiele sogar einen vorteilhaften Effekt besitzen und reaktions- und aufmerksamkeitsfördernd sein. Durch manche Spiele kann selbst der Stresslevel reduziert werden. Wie auch schon oben erwähnt nutzen vor allem Jugendliche Computerspiele für soziale Interaktionen, die wiederum das Zugehörigkeitsgefühl und eine Identitätssteigerung mit sich bringen.

Wann wird die Sucht also zur Sucht?

Wie in allem sozialen Verhalten ist es und wird es immer eine Interpretationssache sein, wann eine Sucht zur Sucht wird. In der Psychotherapie sprechen wir von einer Störung oder einem Problem, sobald Leidensdruck vorhanden ist. Als Leid kann jedoch auch der soziale Rückzug und dadurch fehlende Bezug zum alltäglichen Leben verstanden werden, sodass Schule, Arbeit & Co nicht mehr im ausreichenden Maß absolviert werden können.

Wenn Sie selbst glauben, unter einer Computerspielsucht zu leiden oder vielleicht jemanden kennen, bei dem Sie die Vermutung haben, es könnte in diese Richtung gehen, zögern Sie nicht dies anzusprechen. Der gemeinsame Dialog ist meist die erste und wichtigste Unterstützung. In fortgeschrittenen Fällen empfehle ich einen Fachmann/Fachfrau für diese Thematik zu kontaktieren.

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